Man sollte wirklich meinen, dass zwischen zwei und drei nur eine Einheit liegt. Ein Schritt, eine Stufe, ein Element mehr. Wie du aber an deinem Beispiel des Triells so anschaulich erläutert hast, zündet genau dieser Zusatz oft einen Quantensprung, der die gesamte Dimension ändert und einen völlig neuen Rahmen schafft.
Und tatsächlich ist es doch mehr als merkwürdig, dass dieses Phänomen noch nicht genutzt wurde, um die Welt des Sports massentauglich umzukrempeln. Denn die Konsequenzen, die sich aus einer zusätzlichen Partei ergeben, sind im richtigen Kontext wie ein Prellbock: Bahnbrechend.
So ist es doch immer die dritte Partei, die in einer bi-polaren Politiklandschaft so richtig Schwung rein bringt und die Karten ganz neu mischt. In der Liebe klappt das auch ganz gut mit einer – sagen wir – erhöhten Dynamik durch die Aufstockung von zwei auf drei Spieler. Plötzlich dreht sich da ein Wahrscheinlichkeitskarussell, wo vorher noch eine Wippe war, faszinierend.
Und speziell in diesem Fall auch alarmierend. Wie sagte ein Charakter in einer meiner Lieblingsjugendserien so schön? “Das Dreieck ist eine gefährliche Formation mit vielen Spitzen und Kanten”. Und die sind bekanntlich nunmal besonders interessant, deswegen muss der weiße Schwan ja einpacken.
Kein Wunder also, dass just jene Abänderung den Stoff lieferte für den berühmeten – man ist fast geneigt zu sagen bahnbrechenden – Western von Sergio Leone “Zwei glorreiche Halunken” aus dem Jahr 1966. Wie in deinem illustren Beispiel duellieren (triellieren?!) sich hier ungewohnterweise drei Männer: Der Gute, der Böse und – Abra Kadabra! – der Hässliche.
Nun warst du so tollkühn und hast konsequenterweise gegen die Konvention das Feld der Ehre mal eben in die trübe, gesittete, englische Pampa verlegt. Natürlich spielt der Film im Gegensatz dazu in der politisch wie klimatisch sengenden Hitze New Mexiko’s. Und wie könnte es anders sein!?
Es ist fast nicht möglich, das Ausmaß zu übertreiben in dem Amerika medial präsent ist. Durch Raum und Zeit gibt es keine andere Nation, die auch nur ansatzweise derart kommuniziert wird in die Außenwelt. Im Einklang mit Leone’s beliebtem Western, kennt doch jeder die Helden des Wilden Westen: Billy the Kid, Jesse James und wie sie alle heißen. Mir fällt mit Ausnahme des mexikanischen Pancho Villas auf Anhieb kein Pionier oder Gesetzloser außerhalb der USA und vielleicht des Sherwood Forrest ein, der einen derartigen Kult genießt.
Diese Strahlkraft und Ausnahmeposition setzt sich in unzähligen Formen fort: Auch wenn ich als Student der Amerikanischen Kultur hier zweifelsohne vorbelastet bin, ist doch die Geschichte der Amerikanischen Verfassung die Bekannteste – oder sagen wir weit-verbreitetste – von allen.
Ich behaupte, wo man auch fragt, es ist sehr wahrscheinlich, dass die meisten Leute eine Handvoll US-Präsidenten zumindest nennen können. Und seien es nur die vier Koryphäen die uns vom Mount Rushmore Memorial so demütig grüßen. Ich kenne das FBI, die CIA, die NSA und die NASA, ohne bei den meisten Fällen überhaupt das Pendant meines wundervollen Heimatlandes nennen zu können.
Ja manchmal vergesse ich sogar, dass es auch außerhalb der wogenden Hügel Hollywood‘s so etwas wie Regisseure, Kameramänner, Schauspieler und solche, die es werden wollen gibt. Mit anderen Worten: Amerika ist Kult. Doch wie bei jedem zünftigen Kult schwingt auch hier eine Prise faulen Geruches mit. Denn wo immer Macht zu groß und konkurrenzlos wird, ist der Missbrauch bekanntlich vorprogrammiert. In dem Fall der Medialdominanz der USA ist also eine Verzerrung der geschilderten Inhalte nur logisch.
Es beginnt natürlich mit Details, wie dass „Zwei Glorreiche Halunken“ wie so viele Western (!)-Filme hauptsächlich in Spanien gedreht wurde. Doch damit weit nicht genug. So entdeckte ich immer wieder in Literatur und vor allem filmischen Aufarbeitungen des Vietnam-Krieges, wie stark im Vordergrund die US-Veteranen und ihre Schicksale hier stehen. Die traumatischen Erlebnisse der amerikanischen Truppen, die nie mehr wirklich nach Hause kamen. Dass auf 58.000 gefallene amerikanische Soldaten im blutigen Konflikt 2 bis 5 (!) Millionen weitere Opfer, vor allem der vietnamesischen Zivilbevölkerung kommen, wird in diesem Zusammenhang gerne mal verschwiegen. Es braucht schon ein zweites Hinsehen, um zum Standpunkt des Komikers Louis C.K. zu kommen und sich dabei zu fragen: „Of course when you get shot fighting for your country it’s a terrible tragedy. But maybe if you pick up a gun and go to another country and get shot, it’s not that weird?”
Ich sage nicht, dass sämtliche US-Berichterstattung durchseucht ist mit Pathos und Parteilichkeit. Ich möchte nur einmal aufzeigen, mit welcher Unantastbarkeit dieses Land die globale Unterhaltungs- und Medienbranche regiert. Und in diesem Zusammenhang denke ich ein zweiter Blick und ein zweites Auge bringen manchmal neue Erkenntnisse und Einsicht hinter die Kulissen. Genau dazu will ich nur mit aller Vorsicht wärmstens raten, das ist alles.
Mein Geschichtsdozent an der Uni hier definierte ein historisches ‘Key-Event’ dadurch, dass man jeden aus seiner Generation fragen könnte, und man eine verläßliche Antwort bekommen würde wo derjenige zum Zeitpunkt des Ereignisses war und was er grade gemacht hat. Die Erinnerung daran ist felsenfest und bleibt es meist auf ewig.
Für unsere Generation, Bruder, ist dieses Ereignis eindeutig der 11. September 2001. Das Bild was mir hierbei am eindrucksvollsten im Kopf geblieben ist, ist als ich vor dem Fernseher saß und wirklich jeder Sender die gleichen abscheulichen Bilder zeigte. Traurige Ausnahme bildete erstaunlicherweise MTV, obwohl die mehr oder weniger um die Ecke waren. So eine einheitliche Wand und überwältigende Dominanz einer großen Sache habe ich im TV nie wieder auch nur ansatzweise gesehen.
Diese herausragende wenn auch unfassbar traurige Ausnahme hat wohl irgendwo auch Symbolcharakter. Ich frage mich, was wohl wäre, wenn eine zweite Partei im Laufe der Zeit hier Einzug finden würde. Oder – Gott bewahre – eine Dritte.