Das Leben twittert immer noch die schönsten Geschichten

Dass Filme uns oft in Welten entführen, die anderen Regeln und Gesetzen folgen, macht sicher mit den Reiz dieses Mediums aus. Zugegeben, es lassen sich viele Beispiele finden, die den Bogen dabei weit überspannen. Und sicher ist es ein feiner Grad (gerade beim Thema Liebe) zwischen konstruiertem Kitsch und magischen Fügungen des Schicksals. So kann ich gut verstehen, wenn dir so manche „Friends“/“HIMYM“-Episode missfällt, weil zu offensichtlich wird, wie ein Drehbuchautor irgendwie eine zuckersüße Liebesgeschichte hinbiegen wollte. Auf der Gegenseite ist da allerdings dieser Wunsch, dass eben doch alles gut ausgeht. Wir alle wollen eben gerne diese Geschichten sehen, die uns an ein Happy End, den Traum vom epischen Schicksal und der einen wahren großen Liebe glauben lassen.
Klar ist es nicht realistisch, dass der „Nerd“ auf einmal doch seine Traumfrau für sich gewinnt, ohne dabei in irgendeiner Weise etwas anders zu machen als vorher. Wenn du dieselben Dinge tust wie vorher, wirst du sehr wahrscheinlich dieselben Ergebnisse  wie zuvor erhalten. Es gibt eben auch einen Grund, warum der „Nerd“ der „Nerd“ ist und bisher nicht wirklich Erfolg mit dem anderen Geschlecht hatte. Wahrscheinlich sogar mehr als einen und wahrscheinlich auch ein paar gute.
Und wahrscheinlich werde ich auch nie Julia Roberts in einem Buchladen treffen. So läuft das Leben eben leider nicht. Meistens. Normalerweise.
Aber manchmal eben doch. Denn manchmal sind da diese besonderen Geschichten, an die sich kein Drehbuchschreiber trauen würde, weil wir sie ihm eh nicht abkaufen würden. Weil wir sie selbst nicht glauben würden, wenn wir nicht wüssten, dass sie wirklich wahr sind. Wenn wir nicht selbst mit eigenen Augen gesehen hätten, wie die New England Patriots in einem Superbowl-Finale gewinnen, bei dem sie eigentlich längst erledigt waren. Und nicht selbst auf Twitter sehen könnten, wie sich daraus ein Date zwischen einer Tennisprinzessin und einem einfachen Hörsaalritter entwickelt hat. Unser Held der Geschichte, John Goerke, hat dabei weit mehr als nur eine Wette gewonnen. Er hat für uns alle bewiesen, dass es diese „Hugh Grant“-Momente durchaus im echten Leben geben kann. Dabei muss man auch den Hut ziehen vor der bezaubernden Herzdame unserer Geschichte, Eugenie Bouchard. Dafür, dass sie zu ihrem Wort steht und sich auf das Spiel eingelassen hat. Ein bisschen Glauben und Vertrauen gehört eben dazu, wenn Märchen im echten Leben eine Chance haben sollen.
Zugegeben, der ehrenwerte John sieht den Fotos nach nicht aus wie der typische „Nerd“. Und noch hat niemand geheiratet oder ein verwunschenes Schloss vom Fluch der bösen Hexe befreit. Aber es gab immerhin bereits ein 2. Date.
Schreibt das Leben also nicht die schönsten Geschichten? Nein. Ich denke, das Leben schreibt ALLE Geschichten. Die Schönen, die Traurigen, die Grässlichen, die Tragischen, die Verrückten, die Unglaublichen, die Traumhaften, die Großartigen. Sagen, Märchen, Legenden, Klatsch, Tratsch, Horrorstories. Das volle Programm. Rund um die Uhr, jeden Tag, in einer großen, weiten Welt.
Ich habe in meinem Leben schon einige fantastische Geschichten gehört. Ich habe sie im Fernsehen gesehen, in Büchern gelesen, im Internet recherchiert und beim Kaffee erzählt bekommen. Ich habe sie von Stars gehört, von bedeutenden Leuten, von wichtigen Persönlichkeiten, von einfachen Menschen, von Freunden, Klassenkameraden und von dem Typ neben mir an der Bar. Ich habe gelacht, geweint, den Kopf geschüttelt, mir die Haare gerauft und mich gefragt, wie so etwas passieren kann.
Und vielleicht treffe ich ja eines Tages jemanden in einem Buchladen. Vielleicht sieht sie aus wie Julia Roberts. Vielleicht sieht sie aus wie Eugenie Bouchard. Vielleicht sieht sie aus wie die typische graue Maus. Vielleicht ist es auch ein Typ. Und sieht aus wie der typische „Nerd“. Und vielleicht höre ich dann eine unglaubliche aber wahre Lebensgeschichte. Oder ich darf in einer mitspielen. Nötig sind dafür auf jeden Fall ein bisschen Mut, Aufgeschlossenheit und der Glaube an die unglaublichen Geschichten, die das Leben eben jeden Tag so schreibt.
Und ein Twitter-Account. Vielleicht probier ich das doch auch mal aus.

Leave a Reply

Your email address will not be published.*