In der Regel sollen ja Regeln das Zusammenleben regeln. Das heißt, dass der Ursprung einer Regel meistens ein gemeinschaftlicher Konsens ist:
Um Streit vorzubeugen, einigen sich Gruppen auf eine endgültige Lösung, um langen Auseinandersetzungen und Ungewissheiten vorzubeugen. Fragen, die immer wieder auftauchen, werden also von Regeln abgefangen und beantwortet. Und das erleichtert der Gefolgschaft das Zusammenspiel. So ist es in so gut wie allen Lebensbereichen.
Den Ursprung einer Regel bildet also eine Gemeinschaft. In der Regel. Aber warum Regeln nur mit anderen machen? Warum nicht auch mit sich selbst? Ich weiß, hier schlägt die teutonische DNA durch, aber habt ihr es schon mal probiert?
Ich schon. Und so skurril das klingen mag: Es bringt mir eine Menge Spaß.
Alle Freiheit in Ehren, das Schaffen von Berechenbarkeit hat auch etwas. Und meistens ist der innere Konflikt einem Äußeren ja gar nicht so unähnlich. Ob wir jetzt mit unserem Kumpel oder alleine die Supermarktkasse anfahren, die Frage bleibt dieselbe: Wo geht’s am schnellsten? Schnell über die rote Ampel gehen, weil kein Verkehr zu sehen ist, oder doch lieber warten? Den Müll auf der Straße aufheben oder doch einfach weiter gehen?
Man könnte die Antwort geben, die für jede Frage in jedem Wirtschaftskurs dieser Welt gültig ist: Kommt drauf an. Für mich aber nicht mehr. Denn ich habe mir einfach mal Schablonen gebaut für solche Fälle:
So habe ich akzeptiert, dass minutenlange Taktiererei doch nur dazu führt, dass man die Kasse nimmt, wo der Typ die 3,80 mit der Kreditkarte zahlen will und es einfach nicht hinkriegt. Lösung: Ich nehme einfach die Reihe mit der schickesten Kassiererin und gehe anderen Gedanken nach. Ende.
An der Ampel gehe ich nur dann drüber, wenn keine Kinder zusehen. Und rebelliere damit wieder erfolgreich gegen den Gehorsam meiner germanischen Wurzeln. Und Müll hebe ich immer dann auf, wenn ich einen Mülleimer in der Nähe sehe.
Diese Regeln funktionieren für mich irgendwie. Auch weil der Effekt umgekehrt ist zur traditionellen Regel: Denn anstatt mich mit einer Gruppe zu solidarisieren, grenze ich mich dadurch vielmehr von der Masse ab. Natürlich sind diese Regeln auch nicht perfekt. Aber müssen sie ja auch nicht, denn es sind ja nur meine Regeln. Meine kleinen Kompasse für die zahlreichen Kreuzungen des Alltags.
Vielerorts machen Regeln natürlich keinen Sinn. Aber habt ihr mal gründlich über eure täglichen Entscheidungen nachgedacht und euch dabei hinterfragt? Wo ihr herkommt und wo ihr hingeht? Vielleicht wäre ein Kompass an der ein oder anderen Stelle nicht verkehrt.
Denn entweder ihr etabliert einen neuen Mini-Grundsatz in eurer Identität oder ihr schmeißt die Sache eben wieder über den Haufen. Und das wirkt ebenfalls befreiend. Oder ihr kommt mit einer witzigen Geschichte raus.
Ich kann mit beidem – in der Regel – ganz gut leben.