Im Duell mit meinen Möglichkeiten

Berühmte letzte Worte. Hm, das ist ein interessantes Thema. Vor allem in Filmen. Was dann direkt meine heutige Abendplanung betreffen würde. Denn je nachdem wie die Entscheidung ausfällt, bekomme ich heute noch eventuell einige epische letzte Worte präsentiert. Auf Russisch. Aber die AbendPLANUNG ist genau das Problem. Denn manchmal, da läuft es einfach nicht. An manchen Tagen, da kann noch so viel gut laufen, aber auf den letzten Metern knallt‘s am Ende, dieses eine Zahnrad blockiert, das eine Teil fehlt und damit ist dann der Rest auch erledigt – das Rennen gelaufen, die Maschine nutzlos, das leviathanische Puzzle-Monstrum, mit herkulischem Kraftakt in Form gezwungen, für‘n Arsch – denn in Mitten all der schönen Ordnung klafft eine Lücke, wie ein höhnisches Grinsen, ein ewiges Mahnmal der schändlichen Niederlage.
Nun hab ich mich etwas mitreißen lassen vom literarischen Fluss meiner Gedanken und wohl alles größer aufgebauscht als es eine nüchterne Betrachtung der realen Situation rechtfertigen würde. Eigentlich sitze ich vor dem Fernseher und kann mich nicht entscheiden, welchen Film ich nun anschauen soll. Ich hab heut Abend Zeit und morgen nix vor, das Tagwerk ist getan, es wird’s sich heute keine überraschende Last-Minute-Möglichkeit für einen anderswie eher sozial-gesellig gestalteten Abend mehr ergeben (diese Optionen ziehe ich nämlich sonst immer vor, aus Prinzip, nicht weil ich jedes Mal Lust drauf hätte, aber sich eben dann die besseren Geschichten ergeben) und um irgendwo alleine an der Bar zu sitzen bin ich noch zu jung / hab ich noch zu wenig erreicht / verloren in meinem Leben.
Die Chips stehen bereit, das Bier ist kalt und ich hab einen 14-tägigen Amazon-Prime Probe-Account; meine bequemste Jogginghose sitzt locker an den Hüften, zu Ostern gab‘s jede Menge gute Qualitäts-Schokolade und außerdem ist da noch der Netflix-Standard-Account.
Das W-LAN ist stabil, die Licht- und Temperaturverhältnisse sind perfekt eingestimmt, ich könnt sogar noch Popcorn machen – aber ich kann mich einfach nicht für EINEN VERDAMMTEN FILM ENTSCHEIDEN.
Und dabei hab ich eine Liste. Eine Film-Liste. Mit Filmen, die ich mir mal anschauen will, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet. Mit über 60 VERDAMMTEN FILMEN.
Aber die, die ich sehen will, gibt’s nicht bei Amazon/Netflix. Und die, die es gibt, will ich jetzt nicht sehen. Zusätzlich gibt’s noch die, von denen ich überhaupt noch nie was gesehen hab und gar nicht wusste, dass es sie gibt; dementsprechend weiß ich auch nicht ob ich sie denn sehen will. Und überhaupt, ob ich sie denn JETZT sehen will.
Da wäre zum Beispiel dieser eine hier, von dem hab ich noch nie was gehört, und wo hab ich den jetzt gesehen? Ah, ja bei den Prime-Filmen „Action & Abenteuer“, ein russischer Film, aus dem Jahr 2016: „Der Duellist“. Ein Film, der anscheinend tatsächlich hält was er verspricht: es geht um einen Duellisten, der sich im Kreise adliger hochrangiger Personen der russischen Oberschicht des 19 Jahrhunderts mit anderen Duellisten duelliert. Mit Duellier-Pistolen. Und anscheinend bietet er laut Kritik sogar noch mehr: „Die allesamt sehr unterschiedlich und höchst kreativ inszenierten Duelle (es ist schon erstaunlich, auf wie viele Weisen man die Szene zwei aufeinander schießender Männer inszenieren kann, ohne in Redundanz abzudriften) bilden das Herzstück des treffend betitelten Films, die bewusst viel Blut spritzen lassen und das Ganze definitiv nicht verharmlosen.“.
Das klingt doch nun schon regelrecht vielversprechend…vielleicht gibt’s ja sogar ein TRIELL?
Oder wird das erst in der Fortsetzung kommen?
Haben sie ihr ganzes Pulver nicht gleich im ersten Teil verschossen, damit sie noch einen draufsetzen können?
Die Bewertung ist allerdings nur bei lediglich 3 1/2 Sternen. Ich weiß ja auch nicht…
Scheiße.
Warum kann ich nicht mal einen schönen runden Abend haben, an dem ich Lust auf einen Film habe, der auf meiner Liste steht, den es im verfügbaren Angebot gibt, 5 Sterne Bewertung, Bier, Chips, Klappe, Action!
Warum läuft es manchmal einfach nicht perfekt?
Nun, weil für „perfekt“ eben ALLES richtig laufen muss. Weil man für „perfekt“ eben Glück braucht. Weil sich „perfekt“ nicht planen lässt. Aber man es trotzdem meistens planen muss.
Für so einen „perfekten“ Abend muss man eben auch was tun.
Sich vorher informieren.
Einen Film auswählen.
Einen Termin frei halten.
Die richtigen Snacks & Getränke einkaufen.
Vorfreude aufbauen und sich einstimmen.
So wie früher, vor Netflix & Co. Als das Fernsehprogramm vorgegeben hat, was wann geschaut wird. Da hab ich komischerweise mehr geplant. Und hatte die besseren Filmerlebnisse.
Auf „Hero“ als Blockbuster am Sonntag-Abend hab ich mich tagelang im Voraus gefreut.
Der Free-TV Prämiere von „Blair Witch Project“ an Halloween hab ich entgegengefiebert wie der Geburt unseres Herrn Jesu Christi an Weihnachten.
Es wurde alles vorher bereitgestellt und hergerichtet; ich hab besondere Süßigkeiten aus dem Haushaltsvorrat extra für dieses Event aufgehoben/blockiert und am Vorabend schon eine auserwählte Flasche Malzbier kalt gestellt. Familie, Freunde, Interessenten wurden eingeladen und animiert, dass Ereignis gemeinsam zu erleben. Und mit hektischen Rufen durchs Haus daran erinnert, dass der Film anfängt.
Natürlich hatte ich ebenso schon tolle Filmerlebnisse, als ich nachts noch kurz vor dem Fernseher was essen wollte, es eigentlich ein langweiliger Abend war und ich per Zufall in einen packenden (mir völlig unbekannten) Film reingestolpert bin: „Pontypool“ war so ein Juwel. Oder „Wind Chill“. Oder die Pilot-Folge von „How I Met Your Mother“ (lange vor dem Start im deutschen Fernsehen).
Aber das sind eben die Momente, in denen die Glücks-Komponente mal passt.
Leider nicht die Regel.
Man braucht für den perfekten Moment dann meist doch beides: Glück und eine gute Vorbereitung. Zumindest wenn man die schönen, guten, perfekten Momente mit einer gehäufteren Regelmäßigkeit in seinem Leben antreffen möchte. Dann muss man eben etwas dafür tun. Die Glücks-Komponente lässt sich nämlich nicht kontrollieren, aber beim Rest kann man was machen. Da kann man aktiv werden. Und man muss sich da manchmal eben ein bißchen für anstrengen.
Selbst wenns einem nicht danach ist.
Arbeiten gehen, um sich das Geld für den schönen Urlaub zu verdienen.
Sport treiben, um im Sommer wieder sexy auszusehen.
Vorher recherchieren, welchen Film man sich abends anschaut, damit man nicht 2 stunden sinnlos durch die AmazonVideo-Angebot- Seiten klickt.
Und das ist dann eben der Grund, warum ich manchen von meinen Träumen / perfekten Momenten noch immer hinterherhinke. Weil ich meistens zu faul bin was zu tun. Weil ich lieber aufschiebe, als selbst aktiv zu werden. Weil ich lieber zackigen Russen dabei zusehen möchte, wie sie sich auf allen möglichen Arten mit antiken Schusswaffen die Köpfe wegblasen, als Gitarre zu spielen, Klavier zu üben, ein Buch zu lesen, oder einen Blog-Artikel zu schreiben, wie ich es mir eigentlich mal laut Plan für Sonntag-Abend vorgenommen hatte.
Doch halt. Jetzt sitz ich hier schon seit über einer Stunde und hab doch glatt schon 1050 Wörter. Und das hatte mit Glück nicht viel zu tun, das war gute, ehrliche Arbeit. Und die bereut man nie.
Aber ein bißchen Glück gehört halt schon dazu. Auch wenn man’s am Anfang vielleicht nicht gleich als solches erkennt. Mit Pech hätte ich nämlich schon vor 2 Stunden einen Film bei Amazon gefunden, und dann hätt ich diesen Blog-Artikel sicher nicht geschrieben.
Es braucht also beides: Anstrengung/gute Vorbereitung + ein bißchen Glück.
So wie beim Duell. Und bei letzten Worten.
Damit weiß ich dann jetzt welchen Film ich mir nun ansehe. Mit Glück ist er auch gut. Und das Bier noch kalt. Ansonsten muss ich eben nochmal aktiv werden und runter in den Keller…

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