Ich habe also auf Play gedrückt und mir „Limitless“ angeschaut. Und jetzt eine ganz gute Portion Wut im Bauch. Denn mir dreht sich der Magen um, wenn ich mich in den Autor der Romanvorlage Alan Gynn rein versetze. Genau darum geht es heute: Um originale Kreationen und wie sie in meinen Augen nicht immer angemessen behandelt werden. Anders gesagt: Verdrehte Wurzeln bringen mich auf die Palme.
So empfand ich „Limitless“ eigentlich als guten Film. Bis zum völlig überzogenen Ende mit ultra Happy End. Hier nimmt ein Typ die radikalste Droge überhaupt und die Moral soll sein, dass er am Ende völlig ohne Nebenwirkungen oder Konsequenzen aus der Sache raus kommt? Spielerisch Bestseller-Autor, Senator und Mastermind wird und dazu noch Mandarin lernt? Und das sogar ohne die Droge? Vorhang nach raffiniertem Flirt mit der Freundin über dem sonnigen Lunch? Friede, Freude, Eierkuchen? Ernsthaft?
Ich wurde skeptisch. Was wir alle sein sollten bei allem, wo „based on“ drauf steht. Und siehe da: Das Buch „The Dark Fields“ endet fundamental anders. Und zwar mit einem geläuterten, desillusionierten und gebrochenen Protagonisten auf seiner letzten Reise ins Nirgendwo. Mit Tod durch Entzug und Apokalypse dank Weltkrieg auf der Türschwelle. Keinem Strahlemann in Armani.
Und so paradox das klingen mag, aber das ist das bessere Ende der Geschichte für mich. Logischer, konsequenter und vor allem konsistenter. Mein Prass auf den Film ist somit verflogen. Und die Erkenntnis eine andere: Die Wurzel des Übels liegt nicht immer in der Wurzel der Sache.
Hätte ich nicht genauer hingesehen, hätte ich womöglich die Geschichte vorschnell als „einfach schlecht“ verdonnert. Und dem ursprünglichen Autor ordentlich Unrecht getan. Also zwei Euro ins Phrasenschwein für „Das Buch ist besser als der Film“ und weiter? Nein. Denn es geht um mehr hier.
Es geht mir um mehr Respekt für den kreativen Schaffensprozess einer guten Geschichte. Um die Würdigung der Arbeit, die es bedarf, eine originelle Idee zu verwirklichen. Grade bei Schriftstellern. Denn wisst ihr was? Es gibt keine Wunderdroge mit der diese Weltenschöpfer in einer Woche mal eben das Epos aus dem Ärmel schütteln.
Ich habe es satt, dass Fans George R. R. Martin kritisieren, dass er zu lange für seine Bücher braucht. Und für mich hat niemand das Recht, Tolkien oder J.K. Rowling für Handlungslücken an den Pranger zu stellen. Man kann ja das Buch nicht mögen und so weiter, aber ich fordere bei „konstruktiver“ Kritik einfach auch den „Tip of the Hat“. Das ist das Mindeste, was diese kreativen Energieleistungen und Meisterwerke verdienen. Glaubt bloß nicht, dass diese Autoren ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben.
Denn damit fängt alles an. Alles, was danach kommt – Filme, Serien, Spin-Offs etc. – all das kann so schillernd sein wie es will. Aber am Ende ist es ein Schatten, der ohne die Idee des Autors nie existieren würde. Ein neues Licht, kein neuer Gegenstand. Der Autor ist die Wurzel von allem und deswegen darf sie in meinen Augen auch an mancher Stelle mal etwas krumm und frei wachsen.
Und wir sollten das eher respektieren, anstatt zu versuchen, sie zu sehr verdrehen. Wir brauchen ein Auge dafür, dass originelle Kreationen immer auch missbraucht und missinterpretiert werden. Und das nicht aufgrund von Fehlern der ursprünglichen Autoren. Aber zu ihrem Leidwesen.
Wusstet ihr zum Beispiel, was der ursprüngliche Gedanke hinter den Zuckersticks ist? Die Idee ist, so die ideale Portion Süßstoff in hygienischer Form und mit einer Hand in die Tasse zu geben. Falls man nur eine Hand frei hat. Man kann so die Tasse halten, den Stick zwischen Zeige- und Mittelfinger balancieren und dann mit dem Daumen in der Mitte brechen. Probiert es mal aus, funktioniert prima!
Der Legende nach hat sich der Erfinder umgebracht, als er nach all der harten Arbeit in einem Café sah, dass niemand seine Sticks so benutzte. Sondern stattdessen barbarisch einfach an einer Seite aufriss, so wie wir alle. Fluchend darüber, wenn wir sie nicht aufkriegen. Wer hat denn diesen Quatsch eigentlich erfunden?!
Die harten Fakten sprechen aber wohl eher für ein Ableben des guten Herrn Benjamin Eisenstadt nach einer missglückten Bypassoperation. Und so absurd das jetzt auch klingen mag:
Ich weiß, welches Ende zu der Geschichte mir besser gefällt.